Dankbarkeit?!



Dankbarkeit

Ich bin dankbar.

Dankbar für meine Familie.
Dankbar für Freunde.
Dankbar für mein stabiles Drumherum.
Und dankbar,
dass mir mein Kind Blumen mitgebracht hat.
Dankbar, dass ein Lieblingsmensch diese meine Texte korrigiert. Auch bin ich dankbar, dass ich nur leicht betroffen bin im Vergleich zu anderen, was Post-Covid betrifft. Uvm.

Und doch wäre es nicht richtig, an dieser Stelle nur die Dankbarkeit zu erwähnen.
Das wäre geheuchelt.
Und Heuchelei kann ich nicht leiden.
Ich habe auch Wünsche.


Ich wünsche mir die Möglichkeiten zurück,
die ich einmal hatte. Fühle mich, als wäre ich einfach gerade mal 30/40 Jahre älter mit allen Einschränkungen, die das Alter so mitbringen kann.

Ich möchte so gern wieder belastbarer sein, etwas leisten können. Ich möchte so gern wieder arbeiten gehen können. Ich möchte nicht überlegen müssen ob ich den Geburtstag am Wochenende besuchen kann, wie viele Menschen wohl dort sein werden und wie viel die Tagesform meines Körpers wohl zulässt, mit zu feiern. Schaffe ich eine Stunde oder doch nur eine halbe. Ich möchte nicht, dass alle Alarmglocken angehen, das bunte Karussell anfängt zu blinken, nur weil ich mal wieder meine Grenze nicht passend eingehalten habe.
Ja, ich wünschte, ich wäre gesund.
Und dann? Dann könnte ich weinen. Mache ich auch manchmal. Ist auch wichtig. Jedoch passe ich auf, mich nicht hineinzusteigern. Nicht in tiefe Traurigkeit zu verfallen.


Wie das geht?

Ich erinnere mich wieder an das was ich habe und werde dankbar.
Langsam aber sicher.
Nicht mehr jammern auf hohem Niveau.

Ich habe so viel, so viel Grund zum Danken. Und ich möchte nicht tauschen mit dem, dessen Lunge unheilbar angegriffen ist oder jenem, der im Rollstuhl sitzt, weil die Beine keine Kraft mehr haben oder dem, der monatelang im abgedunkelten Raum in der Stille liegt, oder dem Arbeitslosen, der seine Existenz an den Virus verloren hat 
oder oder oder ...

Ich kann ein wenig spazieren gehen.
Ich habe Lieblingsmenschen.
Ich kann lachen.
Ich habe keine Depression.
Ich habe Medikamente,
die Schmerzen lindern.
Und ich habe immer
einen reich gedeckten Tisch.
Ich habe eine tolle Physiotherapeutin ...


So leid ich es bin, krank zu sein,
vom Gesundheitssystem allein gelassen zu werden, in der Ungewissheit, ob es jemals nochmal anders wird oder
wirklich nur noch schlimmer,
geht es mir mit Dankbarkeit immer noch besser als in Selbstmitleid zu ertrinken.


Wie habe ich immer zu meinen Kindern gesagt: "Wünschen darf man sich alles. Man darf nur nie damit rechnen, dass was in Erfüllung geht. Umso schöner ist es, wenn dann doch ein Teil wahr wird."


Und somit werde ich die Wünsche genau so wenig unterbinden wie die Dankbarkeit.
Denn Wünsche sind was schönes.
Sie lassen mich träumen.
Dankbarkeit macht zufrieden und ruhig.








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